SPIEGEL: Ihre neue Methode haben Sie dann so charakterisiert, daß Sie selbst nur Zuschauer beim Entstehen der Werke seien. Scheint Ihnen das auch heute noch zutreffend?
ERNST: Ja, es war doch tatsächlich so, daß ich nicht wußte, was ich machen wollte, sondern einfach durchrieb, und die Sachen kamen da von selbst heraus, Es war ein automatisches Verfahren, und ich selbst war dabei der Zuschauer.
SPIEGEL: Automatisch doch offenbar nur bis zu einem bestimmten Punkt. Sie haben ja nicht nur eine beliebige Materialstruktur aufs Blatt gebracht, sondern sie wurde komponiert.
ERNST: Auch dabei überließ ich mich dem Zufall.
SPIEGEL: Immerhin sind gegenständliche Gebilde wie Vögel oder Blätter herausgekommen,
ERNST: Wahrscheinlich weil ich immer ein Vogelliebhaber war und die Struktur von Blättern mich immer sehr fasziniert hat.
SPIEGEL: Also ist "wohl doch die Person des Künstlers nicht ganz nebensächlich. Meinen Sie wirklich, Ihre "automatische Malerei" -- Prozeduren wie Frottage, Grattage, Décalcomanie -- sei ein Rezept, das unbedenklich jedem empfohlen werden könnte?
ERNST: Nein, natürlich nicht. Aber wenn man ein Buch darüber schreibt, dann tut man so, als ob man den Stein der Weisen gefunden hätte.
DER SPIEGEL 09/1970 vom 23.02.1970, Seite 156
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